Eigentlich haben sie schon Recht, die Journalisten, die völlig abwegige Artikel gelegentlich damit rechtfertigen, dass man tolle Geschichten nicht zu Tode recherchieren dürfe. Sonst bekäme der geschätzte Leser ja überhaupt kein Lesevergnügen mehr geliefert! So ein Lesevergnügen (mit gigantischem Empörungspotential!) hat uns eine Münchner Boulevardzeitung (Nein! Nicht die, die Sie gerade in Händen halten) Ende letzter Woche bereitet. Die staatliche Schlösser- und Seen-Verwaltung habe die Springbrunnen im Hofgarten ab 20 Uhr abgestellt, weil sich einer ihrer Mitarbeiter in der nahe gelegenen Dienstwohnung des Abends durchs Plätschern in seiner Nachtruhe gestört fühlte. Dem abgrundtiefen Skandal wurde immerhin die Schlagzeile gewidmet, und der Shitstorm im Netz war gewaltig.
Was wäre mir da alles zur Kommentierung eingefallen! Warum nicht auch der Mittagsschlaf des Beamten durch eine Brunnen-Pause von 14 bis 16 Uhr geschützt wird? Wann die Kaskaden der Isar im Altstadtbereich endlich eingeebnet werden, damit die Anwohner den Verkehrsfluss besser hören können? Wann sich wohl der ADAC beschweren wird, dass wegen der krachend herunter stürzenden Wassermassen der beiden Uni-Brunnen die Autofahrer in der Ludwig-Straße ihr eigenes Hupen nicht mehr verstehen können? Warum es noch keine Bürger-Initiativen gegen den Lärmterror der zahllosen Wasserfälle im Stadtgebiet gibt?
Es wäre eine wundervolle Kolumne geworden, wirklich. Aber nein, ich altgedienter Journalisten-Trottel rufe erst mal bei der Verwaltung an und frage, ob der Vorwurf überhaupt stimmt. Ergebnis: Die Brunnen plätschern wie eh und je bis 22 Uhr, niemand hat sich beschwert, die Verwaltung hat deshalb auch nichts veranlasst.
Fazit: Münchens Brunnen sind auch nach Meinung ihrer Anwohner nicht zu laut. Wie langweilig! Gelegentlich werden sie durch plätschernde Zeitungsenten sogar zusätzlich belebt!