Immer weniger München können sich noch daran erinnern, wie trist der St. Jakobsplatz noch vor 20 Jahren war: Eine Kiesfläche, ein Parkplatz, ein überdimensionierter Hinterhof mitten im Herzen der Stadt. Und ebenso verblasst die Erinnerung daran, wie verborgen jüdisches Leben ein halbes Jahrhundert lang nach Kriegsende in München gewesen ist. Nur Eingeweihte kannten die Synagoge im Hinterhof der Reichenbachstraße. Jüdisches Leben auf der Straße – undenkbar. Es war unfassbar, was jüdische Menschen in dieser Stadt erlitten haben, die nicht zufällig von Hitler als „Hauptstadt der Bewegung“ gefeiert wurde.
Gestern feierte die Israelitische Kultusgemeinde München ihr 200jähriges Bestehen. Nicht in einem Hinterhof, sondern im Herzen der Stadt. In ihrem Jüdischen Zentrum. Im Obergeschoß lernen und spielen Kinder. Nebenan erinnert der Sockel der neuen Synagoge an die Klagemauer in Jerusalem und der transparente, lichtdurchflutete Aufbau an die Zelte Jakobs. Das Jüdische Museum der Stadt präsentiert interessante Kapitel jüdischer Vergangenheit. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Münchner Juden, hat an alledem so großen Anteil, dass das Zentrum augenzwinkernd schon „Charlottenburg“ genannt wird.
Unfassbar, dass diese Bauwerke der Versöhnung in dieser historisch so schwer belasteten Stadt verwirklicht werden konnten. Dass Judentum in München neben einer langen Geschichte auch eine gute Zukunft hat. Dass der St. Jakobsplatz im Sommer die gesamte Bürgerschaft einlädt und im Winter mit dem Chanukka-Leuchter erstrahlt. Von wegen „Ghetto“ – hier entstand ein Ort des Dialogs, der Begegnung. Glückwunsch, Charlotte!