An der Isar macht sich Irrsinn breit
Endlich heiße Tage, warme Abende, sternklare Nächte! Da müsste es doch für alle, die hier leben, ein Hochgenuss sein, dass mitten durch die Stadt ein Fluss mit kühlem Wasser fließt. Dass Kinder im Kiesbett spielen können und Natur pur erleben dürfen. Dass Erwachsene auf den Wiesen sonnen können. Dass junge Leute Ball spielen oder gesellig grillen und musizieren dürfen. Ein Sommernachtstraum.
Ja, so schön könnte es immer noch sein. Doch inzwischen ist alles anders: Niemand schwärmt, alles flucht. Auf den beißenden Qualm. Auf den unterträglichen Lärm. Auf die Vermüllung des Tals. Auf Betrunkene, die Flaschen eigens auftürmen, um sie mit Steinwürfen zu zerdeppern. Auf die Glassplitter, die spielende Kinder und sonnende Erwachsene schwer verletzen können. Nach jedem heißen Abend: Die Isar – ein Alptraum.
Heftig wird debattiert: Was tun? Den Müll einfach liegen lassen? Damit den Müllbergen eine Rattenplage folgt? Schärfere Strafen? Aber wer setzt sie durch? Schärfere Kontrollen? Größere Abfallkörbe? Wer geklaute Einkaufwägen als Grill benutzt und einfach zurücklässt, kann auch die größten Körbe im Nu füllen. Ein kommunaler Ordnungsdienst? Viel Glück bei der Konfrontation mit 30köpfigen Cliquen im Vollrausch. Ohne Polizeibegleitung geht da wohl nichts.
Die Wahrheit ist: Wenn der Irrsinn um sich greift, hat die Vernunft keine Chance. Und nichts anderes als Irrsinn ist es doch, das kaputt zu machen, was man genießen will. Aus „Naturliebe“ die Natur in Müll zu ersticken. Es wird Zeit, nicht nur bei großen Themen, sondern auch am Feierabend Zivilcourage zu fordern. Sagt dem Nachbarn: „Wer ein volles Tragerl herschleppen kann, der kann auch ein leeres wieder heimtragen“. Sagt den Mitschülern der Abiturklasse: „Hört sofort auf, Glassplitter im Gras zu verteilen!“ Und geht selber mit gutem Beispiel voran. Sonst muss eines Tages das Isartal aus Naturschutzgründen für die Publikumsnutzung gesperrt werden. Zumindest zeitweise, damit sich das Tal von der Spezies Mensch erholen kann! Das wäre dann vielleicht unvermeidbar, aber auch irgendwie irrsinnig!
