Dass Fans manchmal leiden müssen, haben uns die Brasilianer gezeigt. Nacktes Entsetzen in fassungslosen Gesichtern. Und sie schämten sich ihrer Tränen nicht, als ein Tor nach dem anderen fiel. Jeder Landsmann fühlte sich, als hätte er selbst im Kasten gestanden und der Nation die Schmach im eigenen Land eingebrockt. Das löste weltweit Mitleid aus – aber nirgendwo die Rüge, derart dürfe man sich nicht mit der Nationalmannschaft und ihren Nationalfarben identifizieren.
Dann muss man umgekehrt jetzt aber auch die Feierlaune verstehen, die deutsche Fans auftrumpfen lässt, als hätten sie selbst das Tor von Mario Götze geschossen. In welchem Land der Welt würde nach einem so grandiosen Halbfinale und einem so virtuos erkämpften Titel nicht Jubel, Trubel, Heiterkeit herrschen? Mit viel Überschwang, Übermut und gelegentlich auch Überheblichkeit?
Aber hierzulande wird schon von manchen die Nase gerümpft angesichts des schwarz-rotgoldenen Fahnenmeers. Als ob aus dem Sommermärchen 2006, das uns diese Normalität erstmals bescherte, irgendwo übler Nationalismus hervorgegangen wäre! Da war überall Fußballbegeisterung und nirgendwo deren politischer Missbrauch zu erleben.
Tantenhafter Tadel, der zugegeben derbes Derblecken in die rechte Ecke stellt, macht diese Ecke für feierwütige Fans (und davon gibt es Millionen!) nur attraktiver. Und welchen Sinn sollte das haben? Der Alltag kommt eh wieder. Und dann sind die Fans auf unserer Leopoldstraße oder in Berlin vor dem Brandenburger Tor nicht mehr Weltmeister, sondern Schulabgänger oder Berufsanfänger, Erstsemester oder Wohnungssuchende. Ganz normale junge Leute mit Liebeskummer und Geldsorgen. Und ohne Titel. Herrschaftszeiten, lasst sie doch feiern!