Gerade weil ich Griechenland liebe, das Land und die Leute, die unvergleichliche Gastfreundschaft und die eindrucksvolle Geschichte, gerade weil viele griechische Junta-Gegner und Gastarbeiter zu langjährigen persönlichen Freunden geworden sind, ist diese Woche für mich kaum auszuhalten. Es stimmt zwar, dass viele Kredite höchst fahrlässig gewährt wurden und überhöhte Zinsen einbrachten, dass deutsche Unternehmen an der Korruption beteiligt waren und dass das Spardiktat Europas die Wirtschaft weiter lähmte, weil zu wenig getan wurde, sie endlich anzukurbeln. Trotzdem muss die Athener Regierung endlich mithelfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, statt das Land in atemberaubenden Tempo an die Wand zu fahren!
Dass ausgerechnet deutsche Linke mit Syriza sympathisieren, will mir nicht in den Kopf. Ist es etwa „links“, mit Rechtspopulisten zu koalieren, mit Zähnen und Klauen einen völlig überhöhten Militäretat zu verteidigen und sogar namentlich bekannte Milliardäre und Multimillionäre bei ihrer Steuerhinterziehung gewähren zu lassen? Und ist es wirklich demokratisch, dass eine Regierung 18 anderen Völkern diktieren will, wem und wofür sie ihr Steuergeld zu spendieren haben?
Am Sonntag will Tsipras nach den europäischen Partnern auch noch das eigene Volk auf den Arm nehmen. Anfang der Woche übersetzte mir ein namhafter Grieche beim Mittagessen den Text des Referendums, der eben erstmals auf griechisch im Netz erschienen war. Manchen Fachausdruck hat er selber nicht verstanden. Und dann sagte er bitter: „Und darüber soll jetzt in jedem Bauerndorf abgestimmt werden“. Innerhalb weniger Tage von der ersten Ankündigung bis zur Abstimmung! Ganz egal, wie das Referendum ausgeht – wenn es am Sonntag durchgeführt wird, ist das ein schwarzer Tag für die Demokratie, die einmal in Griechenland ihren Ausgang nahm.