„Ja, hört denn das nie auf?“, möchte man sich empören, wenn immer wieder ganze Viertel evakuiert werden müssen und der Verkehr stundenlang zusammenbricht und Kriegsängste wieder wach werden, weil wieder einmal ein Blindgänger gefunden wurde. Mitten in der Stadt. 70 Jahre nach dem Abwurf. 250 Kilogramm schwer. Mit scharfem Sprengstoff. Kriegsbrutalität mit „hochsensiblem Zünder“. Welcher Zynismus: Der Zünder ist „hochsensibel“!
Ich werde nie vergessen, wie im August 2012 in der Schwabinger Feilitzschstraße so ein Sensibelchen überlistet werden musste – mit einer „kontrollierten Sprengung“. Ich saß mit der Einsatzleitung in ihrem schwer beladenen Bus, durch einen ganzen Wohnblock vom Fundort abgeschirmt. Nach der Explosion wurde das Fahrzeug vom Luftdruck so durchgerüttelt, dass selbst die Experten kreideweiß wurden. Es entstand ein Bild der Verwüstung und ein Millionenschaden. Jetzt muss aber wirklich Schluss sein, dachte ich mir.
Von wegen. Ende Oktober mussten wieder 2000 Menschen in Schwabing evakuiert werden, und Anfang November 1500 in Ramersdorf. Was sagt uns das? Vor allem, wie verletzlich wir und unsere Städte sind. Wenn eine einzelne Bombe so schrecklich ist, was tut dann erst ein Bombenhagel den Menschen und ihren Städten an? Daran sollten wir öfter denken, wenn Bombardements als Mittel der Politik wieder hoffähig werden. Und wir sollten auch in uns gehen, wenn Menschen, die vor solchem Terror fliehen, als „unzumutbare Last“ hingestellt werden.