Die Tage werden immer kürzer. Die Nächte länger. Schon während der Bürozeit bricht die Dunkelheit herein. Finstere Zeiten für Radler? Nicht unbedingt. Ich finde es im Gegenteil vergnüglich, wie viele Blicke man jetzt hinter die Kulissen werfen kann. In jeden Laden hinein. Von den Geschäften sieht man jetzt nicht nur die Auslage im Schaufenster, sondern das gesamte Innenleben: wie viele stehen beim Metzger an, wer schmökert im Buchladen, wo locken pfiffige Geschenkideen? Beim Friseur erkennen wir im Vorbeifahren, wer bald mit bunter Strähne herumlaufen wird, im Radlgeschäft hängt der Himmel voller Räder.
Selbst die Wohnungen gewähren interessante Einblicke: Dort residiert ein Liebhaber des „Gelsenkirchener Barock“ mit wuchtigen Wohnwänden, daneben ein Bücherwurm mit Regalen bis unter die Decke. Billige Schränke, auf denen große Koffer gestapelt werden, erzählen vom Migranten-Leben.
Ein interessanter Monat, dieser November. Bis der Regen kommt. Da hört sich jeder Spaß auf. Da heißt es „Hallo, Taxi!“ Eigentlich müssten sich die Fahrer ja über jeden Gast freuen. Doch stattdessen kommt Spott auf. „Hamma an Platten?“ klingt noch recht einfühlsam. Scheinheilig dagegen die Einladung: „Aber gerne, wenn Sie nur bei schönem Wetter radeln!“ Geradezu hämisch der Kommentar: „So so, heute ist’s dem Roten Radler wohl zu nass!“ Das wirft schon eine ernste Frage auf: Warum zum Teufel müssen alle Münchner Taxler die BILD-Zeitung lesen?